Die Plage


 

Dies ist die Nachbarsplage,

woran man schnell verzage.

Hirnlos ist der Kopf,

rasiert der blonde Schopf;

winzig ist des Nachbarknäbleins Gestalt,

mächtig, sein elektrisch Klangspiel schallt.

 

Auch schwer er hören tut,

daß den Nachbarn packt die Wut;

den güldnen Knopf im Ohr,

die Nas, die steht hervor,

so rast der Jüngling mit dem Veloziped,

weil nicht gern zu Fuß er geht.

 

Auch grüßt der Knabe nicht,

huscht vorüber, dieser Wicht.

Ist das Knäblein jedoch zu Haus,

so wummert's aus sein Gemach heraus -

und zwar mit Basses Wucht,

daß solches sein gleiches sucht!

 

Dies treibt er ohn' Unterlass -

und lauschet Tag für Tag sein Bass!

So man ihm darob wehrt,

keift die Oma, dies sei verkehrt;

"Der arme Bub", sie spricht,

"der stört doch keinen nicht."

 

Man schließe nur die Fenster zu,

und hätt' sogleich sein Ruh'.

Allein, es hilft dieses nicht,

lauter ist der Diskowicht.

So schallt es munter, bumm, bumm, bumm,

Jahr für Jahr, man wähnt, man werde dumm.

 

Der geplagte Nachbar denkt, im Krieg er wär',

der Feind der schöß mit der Kanon' gar sehr!

Mahnt endlich der Gendarm zur Ruh',

tobt die Oma auf der Gass' im Nu:

Unverschämt man doch sei,

daß den Gendarm man rief herbei!

 

Jener spricht:  "Wieder bin ich hier,

itzo ist Schluß, das sag ich dir!"

Doch ist der Gendarm erst fort,

wummert's weiter aus des Knaben Hort;

das Glas vibriert, die Luft die brennt,

der Nachbar aus dem Hause rennt.

 

"Zu Hilf", er ruft verstört,

daß man leiser 'Musik' hört!

Doch als des Knäbleins Oma dies vernimmt,

den Nachbarn sie beschipft, laut ergrimmt:

"Man schäme sich", ruft sie aus,

und weiter geht der Disko-Graus.

 

Der Nachbar verlässt das Haus in Flucht,

an fernem Ort er seine Ruhe sucht.

Doch ist er daheim wieder angelangt,

wird ihm auf's neu viel abverlangt -

am Sonntag ist der Störenfried allein zu Haus,

seit dem Morgen schon, wummert's laut heraus:

 

"Nun ist's gnug, ich kann icht mehr",

verzweifelt aus der Nachbar ruft,

Beistand, der muß her,

Hilfe man bei Amte sucht;

von welchem man zwar Briefe schreibt,

der Knab jedoch es auf die Spitze treibt.

 

Man rät von Amt's zum Advokaten zu,

daß dieser Panier ergreif und klagen tu'.

Der Nachbar, welcher Advokaten gar nicht mag,

sitzt still zu Haus, "Nein", er denkt, "ich verzag!"

Da hülf doch nur, daß man sein Gehäus verkaufe,

und stracks Hals über Kopf von dannen laufe!

 

So geht ins Land die Zeit,

der Nachbar, der ist bald soweit,

daß er nähm das Schießgewehr,

und damit dem Knaben wehr;

so, er denkt, mit dem Verdruß,

seinacht der Tat dann Schluß.

 

Jedoch, es fehlt der Mut,

er hofft, irgendwann, wird alles gut...

Die Plage hat gut zehn Jahr' nun gedauert -

daß der Nachbar Tag und Nacht ersxchauert';

kurz vorm Ende des Nachbarn Nervenkraft,

hat man im Amt es doch noch geschafft!

 

Im Nachbarhause herrscht nun Ruh',

und auf der Gasse noch dazu,

es verstummt' das Disko Studio

und auch das Autoradio,

es ist vorbei das Bassgewummer,

das uns bracht' so manchen Kummer!

 

 

 


 

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